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Blog zur Stadtbücherei

Blog

Ganz wichtig ist der Geist des Ortes

02.07.2020

Der Architekt Joachim Gottstein zum Entstehungsprozess der Neuen Stadtbücherei, dem Balance-Akt zwischen Form und Funktion sowie zu seinen Erwartungen nach Fertigstellung des Projektes.

Artikel Interview Joachim Gottstein 2 v3
Joachim Gottstein (rechts im Bild) mit HWB-Geschäftsführer
Norman Diehl im Jahr 2019 kurz vor dem Aushub der Baugrube

 

Herr Gottstein, die Neue Stadtbücherei entsteht gerade in rasanten Schritten. Wann haben Sie den ersten Strich des Entwurfs gezogen?

Joachim Gottstein: Der erste Strich wurde im Rahmen des wettbewerbsähnlichen Auswahlverfahrens im September 2017 gezogen, als wir in Konkurrenz zu vier weiteren Architekturbüros unser städtebauliches Konzept entwickelten.

Wie läuft ein solcher Entwurfsprozess bei Ihnen ab?

Gottstein: Ganz wichtig ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem „genius loci“, dem Geist des Ortes. Damit ist gemeint, alle Informationen aus der Wahrnehmung des Ortes und zu seiner Geschichte zu sammeln, zur vorhandenen oder auch ehemaligen Bebauung, und den besonderen Charakter zu erkennen. Sich bietende Anknüpfungspunkte gilt es aufzugreifen und in die Zukunft zu überführen.

Wir haben uns deshalb intensiv mit der Geschichte Hofheims und besonders unseres Baugrundstücks in unmittelbarer Nähe zum historischen Kellereigebäude beschäftigt. Die Merkmale dieses Ortes, die Lage des Grundstücks und seine Einbettung in die Umgebung zwischen Altstadt und Chinon Center waren für uns maßgeblich und entwurfsbestimmend.

Außerdem sind natürlich die städtebaulichen Vorgaben aus dem Bebauungsplan der Stadt Hofheim und insbesondere auch das Raumprogramm unseres Bauherrn, der Hofheimer Wohnungsbau, für die unterschiedlichen Nutzungen zu beachten.

Ein guter Entwurf erfüllt jedoch nicht nur die funktionalen und messbaren Anforderungen des Bauherrn, sondern reagiert auch auf den „genius loci“, die Atmosphäre und Aura eines Ortes.

Bleiben wir bei der Methodik. War der Bau eines Modells von Nöten?

Gottstein: Im Rahmen des wettbewerbsähnlichen Auswahlverfahrens war uns ein Umgebungsmodell zur Verfügung gestellt worden. An diesem Modell haben wir verschiedene städtebauliche Lösungen ausprobiert. Gleichzeitig haben wir aber auch am Computer 3-D-Modelle entwickelt, die es uns erlaubt haben, unseren Entwurf aus der Fußgängerperspektive zu überprüfen. Wir sind überzeugt davon, dass Modelle für das räumliche Verständnis, aber auch für die Präsentation einer Entwurfsidee sehr wichtig sind.

Ist die Entwicklung eines solchen Entwurfs in erster Linie Soloarbeit? Wenn nein, an welchen Stellen ist auch Teamarbeit gefragt?

Gottstein: Ein Entwurf kann sowohl von einem einzelnen entwickelt werden, als auch in Teamarbeit. Falls es im Team keine eindeutige Tendenz für die „richtige Lösung“ gibt – man untersucht ja immer unterschiedliche Ansätze parallel –, muss es einen geben, der am Ende die Richtung festlegt. In unserem Fall war die Entwicklung des Entwurfs Teamarbeit, wobei ich die Devise ausgegeben hatte, dass die städtebauliche Einfügung die höchste Priorität haben sollte.

Wie ist der Entwurf gedacht? Es ist ja kein Solitaire-Gebäude, sondern ein Ensemble – warum?

Gottstein: Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es wichtig ist, zwischen der kleinteiligen Architektur der Altstadt und dem großen Chinon Center zu vermitteln. Einen weiteren Solitär in die Mitte des Grundstücks zu setzen und drumherum unattraktive Abstandsflächen zu erzeugen, wäre der falsche Weg gewesen. Das hatten auch die Hofheimer Bürger schnell erkannt, die in den Bürgerforen unserem Entwurf die größte Sympathie entgegenbrachten. Die Angst vieler Hofheimer vor einem maßstabssprengenden multifunktionalen Gebäude, das alle Nutzungen unter einem Dach vereinen sollte, war ja vielfach im Vorfeld schon geäußert worden.

Was sind weitere Gründe?

Gottstein: Außerdem wollten wir die Nutzungen nicht vermischen: Eine Bücherei ist ein Ort der Kultur, ein Ort der Muße und Bildung. Eine Sparkasse ist ein Ort des Geldes, des Geschäfts. Die Aufteilung in drei Baukörper erlaubt uns auch, auf unterschiedliche Randbedingungen und Nutzungen ganz unterschiedlich zu reagieren. Auf diese Weise können wir unterschiedliche Außenräume, einen kleinen Platz, eine Gasse und einen Garten schaffen: Orte, in denen man gerne verweilen möchte und die sich an der typischen Hofheimer Stadtgestalt orientieren.

Was sind weitere architektonische Besonderheiten?

Gottstein: Die Stadtbücherei und die Taunus Sparkasse haben beide ihren Haupteingang zum Kellereiplatz. Hier befindet sich auch das Lesecafé der Bücherei mit einem Außenbereich. Dadurch wird es, wie von der Stadtverwaltung gewünscht, zu einer Belebung des Platzes kommen und der Weg zwischen Chinon Center und Altstadt attraktiver.

Obwohl wir alle Flächen des Raumprogramms untergebracht haben und zusätzlich sogar noch das Stadtarchiv integrieren konnten, bleibt fast die Hälfte des Grundstücks zum Flanieren und Verweilen übrig, ein Gewinn für alle Hofheimer, vom Kleinkind bis zu Oma und Opa – und nicht nur für die Autofahrer unter uns.

Wie schafft man es als Architekt, die Ästhetik mit dem Funktionalen zu verbinden?

Gottstein: Der berühmte deutsche Architekt Mies van der Rohe sagte:

»GESTALTET DIE FORM AUS DEM WESEN DER AUFGABE MIT DEN MITTELN UNSERER ZEIT.«

Letztlich muss die Form also der Funktion folgen, den Anforderungen der festgesetzten Nutzung. Gute Architektur zeichnet sich aber dadurch aus, dass sie zusätzlich auch ein Bild erzeugt, das über die reine innere Funktion des Gebäudes hinausweist.

Heißt?

Gottstein: Die Fassade ist die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenraum, sie hat nicht nur den Anforderungen der Konstruktion, des Witterungsschutzes, der Belichtung und der Sicherheit des Gebäudes zu genügen, sie ist auch gestaltendes und raumbildendes Element des öffentlichen Straßenraums und hat daher auch dessen Anforderungen und den Bedürfnissen der Stadtbevölkerung zu genügen.

Wir bemühen uns, für jedes der Gebäude eine der jeweiligen Funktion entsprechende eigene Ästhetik zu entwickeln, gleichzeitig sollen die Gebäude zeigen, dass sie als Teil eines Ensembles gemeinsam entwickelt wurden und zusammengehören. Ob uns das gelingt, hängt von vielen Faktoren ab, auch von der Bereitschaft der Bauherren und Nutzer, unseren Vorschlägen zu folgen.

Wie früh beim Entwurf muss man das Machbare, Praktikable im Kopf haben?

Gottstein: Eigentlich muss man von Anfang an immer mit bedenken, was machbar und praktikabel ist. Als Architekt ist man gezwungen, ständig zwischen den Maßstäben hin- und herzuspringen. Wenn man sich z.B. eine bestimmte Fassadenmaterialität vorstellt, muss man die Details frühzeitig klären, um sicherzustellen, dass die Ausführung sowohl technisch als auch im Rahmen des festgesetzten Budgets machbar ist.

An welchen Stellen ist die Handschrift des Architekten zu erkennen?

Gottstein: Wenn man „die Handschrift des Architekten“ erkennen kann, ist dies bedenklich, deutet es doch darauf hin, dass er bei allen Projekten wiederkehrende Details oder Gestaltungselemente benutzt. Genau dies ist jedoch nicht unser Ansatz, da wir unseren Entwurf ja sehr stark aus der städtebaulichen Situation hier in Hofheim heraus entwickelt haben.

Vielleicht gibt es aber doch auch typische Gestaltungsmittel, die ich häufig verwende, wie die großzügige Öffnung der Erdgeschosszonen der Gebäude durch geschosshohe arkadenähnliche Fensteröffnungen.

Gibt es einen architektonischen „Gimmick“?

Gottstein: Sowohl die Stadtbücherei als auch die Taunus Sparkasse haben ein besonderes Detail, welches die jeweiligen Gebäude unterscheidet: Bei der Bücherei sind es die beiden aus der Fassade herausspringenden Fenster im Obergeschoss – je eins zum Kellereiplatz und zur Piazzetta –, die ein Hervortreten aus der Fassade und einen besonderen Rundumblick erlauben. Bei der Sparkasse ist es die mit Kupferblech verkleidete Ecke am Haupteingang, hinter der sich die Gelautomaten verbergen.

Wird der Architekt in dieser Phase des Baus überhaupt noch einbezogen? Oder sind sie schon beim nächsten Projekt?

Gottstein: Die Realisierung der Gebäude steht ja unter hohem Zeitdruck. Das führt dazu, dass der Rohbau bereits weit fortgeschritten ist, während an Details der Ausstattung und des Innenausbaus noch gefeilt wird. Jedes Gewerk wird einzeln und nacheinander ausgeschrieben und so sind wir bis zum Ende in alle Entscheidungen einbezogen und als Planer gefordert.

Gleichzeitig haben wir aber auch noch andere Projekte: Wir bauen z.B. in Darmstadt ein genossenschaftliches Wohnprojekt mit 43 Wohneinheiten, das unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten Vorbildcharakter hat, sanieren im Rahmen der UNESCO-Weltkulturerbe-Bewerbung Künstlerhäuser auf der Darmstädter Mathildenhöhe und bauen in Grünstadt eine Grafenresidenz zu einer Musikschule und Bücherei um.

Was sollen die Mieter, Bewohner und Passanten später einmal sagen, wenn sie das Gebäude bewohnen, es besuchen oder von außen betrachten?

Gottstein: Wir würden uns freuen, wenn die Nutzer der Gebäude sich darin wohlfühlen würden, wenn die Bücherei zu einem Treffpunkt aller Hofheimer würde. Zu einem Ort, an dem sich alle Schichten und Altersgruppen gerne aufhalten. Wir hoffen, dass die Bevölkerung auch die Außenanlagen, die Piazzetta und den Lesegarten annimmt und die von der Stadt gewünschte Belebung des Kellereiplatzes eintritt. Dann sollen die Hofheimer sagen: Hier haben wir gemeinsam um die Bebauung eines unserer letzten großen Innenstadtgrundstücke gerungen, und es hat sich gelohnt: Es ist gut geworden!

Was wünschen sie zu empfinden, wenn es fertig ist?

Gottstein: Ich wäre glücklich, wenn die mit viel Liebe zum Detail entwickelte Planung vollständig ausgeführt werden könnte. Ich wünsche mir, dass sich alle am Bau Beteiligten mit dem Projekt identifizieren können. Wenn dann zur Fertigstellung viele auf ihren Beitrag stolz sind und zufrieden mit dem Ergebnis, werde ich sehr dankbar sein.

 

Fakten zur Person:

Artikel Interview Joachim Gottstein v3

Joachim Gottstein studierte Architektur an der TU Darmstadt, zudem Kunstgeschichte, Italienische Philologie und Musikwissenschaft in München.

Nach einigen Jahren als Partner im Büro Nieper und Partner in Darmstadt und Leipzig, gründete er 2001 sein eigenes Büro Gottstein Architekten BDA, aus dem dann 2009 Gottstein & Blumenstein Architekten BDA hervorging.

Zudem war er Lehrbeauftragter an der UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES in Mainz und über viele Jahre im Vorstand des Bundes Deutscher Architekten (BDA) in Darmstadt und in der Vertreterversammlung der hessischen Architektenkammer aktiv.

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