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Energiebedarf soll um 70 Prozent sinken
Main-Taunus-Kurier vom 1.8.2003
Haus aus 50er Jahren wird nach vorbildlichen Wärmeschutzstandards saniert / Hessisches Modellprojekt
Hofheim. Einem Mehrfamilienhaus am Forsthaus geht es ab September "ans Gemäuer". Das sanierungsbedürftige Gebäude aus den 50er Jahren wird als Modellprojekt so nach vorbildlichen Wärmeschutz-standards saniert, dass es mit modernen Niedrigenergiehäusern mithalten kann.
Von Kurier-Mitarbeiterin
Martina Weyand-Ong
Hofheim. Was kann man über den Verkehrsbereich und die Aufklärung der Bürger hinaus noch in Sachen Klimaschutz tun? Man kann zum Beispiel darauf hinarbeiten, dass auch Energieeinsparungsmöglichkeiten im Bereich der Wohnungswirtschaft als Beitrag zum Klimaschutz gesehen werden. Das jedenfalls will jetzt die Stadt Hofheim in Kooperation mit der Hofheimer Wohnungsbau GmbH (HWB) erreichen, indem sie eine "vorbildliche energetische Sanierung" bei einem Mehrfamilienhaus durchführen will, das aus den 50er Jahren stammt.
Um den Altbau auf einen modernen Niedrigenergiehaus-Standard zu bringen, wie er heutzutage auch bei Neubauten üblich ist, haben sich Stadt und Wohnungsbaugesellschaft geballtes Fachwissen "mit ins Boot" geholt. "Uns kommt es darauf an, darzustellen, was im Bereich energetische Sanierung heute möglich ist und private Eigentümer anzuregen, diesem Beispiel zu folgen," sagte Bau- und Umweltdezernent Wolfgang Winckler bei der Präsentation dieses Projektes in Hofheim.
Weil sich im Bestand der städtischen Liegenschaften kein geeignetes Objekt befand, hatte Umweltbeauftragter Ulrich Disser das ohnehin sanierungsbedürftige Wohnhaus der HWB als Modellprojekt vorgeschlagen. Im Rahmen der etwa dreimonatigen Sanierungsphase, die ab September beginnen wird, soll vor allem der Heizwärmebedarf des Zwölf-Familienhauses um mehr als 70 Prozent gesenkt werden. Derzeit beträgt der Energiebedarf des Altbaus über 260 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, was typisch für Bauten aus den 50er Jahren ist. Denn damals waren Energie-sparen und Klimaschutz noch keine Themen. Wände und Kellerdecken haben gar keine und das Dachgeschoss nur geringe Wärmedämmung. Auch die alten Fenster machen das Haus zu einem idealen Modellprojekt-Kandidaten.
Bei der Sanierung geht es aber nicht nur - wie so oft in der Vergangenheit gehandhabt - den alten Fenstern an den Kragen, sondern das ganze Gebäude wird mit einbezogen. Dazu werden die Außenwände mit bis zu 20 Zentimeter dickem Dämmstoff "eingepackt", um die Gebäudehülle zu optimieren. Es werden neue Wärmeschutzfenster eingebaut, eine energiesparende Heizungsanlage eingebaut und die Balkone werden so baulich verändert, dass sie keine Wärmebrücken mehr bilden können. Zugleich wird das dreistöckige Gebäude durch einen neuen Außenanstrich und neue Gauben optisch aufgewertet. Angenehmer Nebeneffekt der Sanierung ist, dass die Wohnzimmer um zwei Quadratmeter, im Dachgeschoss teilweise sogar um vier Quadratmeter größer werden.
Die reinen Baukosten für die Sanierung des Mehrfamilienhauses betragen 360 000 Euro, die größtenteils durch Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau und einen Zuschuss des Bundesbauministeriums finanziert werden. Mit 25 000 Euro beteiligt sich die Stadt Hofheim an diesem bisher in Hessen einmaligem Modellprojekt. Die Planung des Gebäudes und der Technik hat die Planungsgruppe Passivhaus aus Mühltal übernommen. Wissenschaftlich begleitet wird die Sanierung durch das Institut Wohnen und Umwelt (IWU), eine Forschungseinrichtung des Landes Hessen und der Stadt Darmstadt. Die Aufgaben des IWU während der Sanierungsphase bestehen im Wesentlichen in der Unterstützung der Qualitätssicherung der Bauausführung und einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit.
Nach Abschluss der Maßnahme wird eine Broschüre zur Bürgerberatung herausgegeben, in der die einzelnen Sanierungsschritte dargestellt sind. Interessierte Hauseigentümer, die schon jetzt entsprechende Informationen zu dem Modellprojekt haben möchten, können sich mit dem Hofheimer Umweltbeauftragten Ulrich Disser unter der Telefonnummer 0 61 92/ 202 286 oder per Email udisser@hofheim.de in Verbindung setzten.