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So funktioniert Integration
Höchster Kreisblatt vom 06.09.2011
Kunst, Kultur und Kulinarisches bei der internationalen Party im Hofheimer Norden Sich gegenseitig kennenlernen, statt Vorurteile zu pflegen, ist das Ziel: Am Wochenende ging mit dem Fest der Kulturen der Kreisstadt-Sommer zu Ende.
Von Juliane Schneider
Hofheim. Hoch konzentriert malt Salima Amjahad hübsche Blumenmuster auf den Arm von Selina (9). Die Kunst der Hennamalerei hat sie in der marokkanischen Heimat erlernt. Auf dem Fest der Kulturen im Hofheimer Norden zeigt sie, was sie kann. Großen Zulauf hat der Stand von Orhan Erdogan, der das Unter-Wasser-Marmorieren, die Ebru-Malerei, beherrscht. In eine Glasschale mit Wasser legt der gebürtige Türke ein Blatt Papier und tupft mit einem Pinsel darauf. "Ich mache alles selbst", sagt er, "auch die Farben." Die Besucher staunen über die kunstvollen Blumenmuster auf marmoriertem Grund.
Internationale Küche
Auch fürs leibliche Wohl ist auf dem Gelände zwischen Fichte- und Hermann-Friesen-Straße am Sonntag bestens gesorgt. Die Frauen der Türkisch-Islamischen Gemeinde backen frische Gözleme, mit Spinat und Käse gefüllte Teigtaschen. Kaffee und Kuchen serviert die Kirchengemeinde. Bei den Kroaten dreht sich gar ein frisches Lamm auf dem Spieß, dazu gibt es selbst gebackenes Brot und aromatischen Plavacwein. Reiseprospekte werben für verträumte Adriainseln in türkisblauem Wasser. "Es gibt hier in Hofheim bestimmt hundert kroatische Familien", berichtet Kristina Kovacevic, die im Ausländerbeirat ist und das Bühnenprogramm moderiert. "Tief in uns tragen wir unseren Nationalstolz, sind aber ansonsten gut integriert."
Schon muss sie auf die Bühne steigen und den Auftritt von Melan ansagen. Die Thailänderin entführt mit einem grazilen Tanz ins ferne Asien. Vorher schon hat Ferdinand Brakaj ein cooles Hip-Hop-Stück vorgetragen. Aus dem ehemaligen Jugoslawien stammend hat der Krifteler lange Jahre in Hofheim gewohnt und bringt sich dort noch immer ein. "Ich fühle mich sehr wohl hier", sagt er. Musik sei seine große Leidenschaft. Gerade nehme er eine CD auf. Aktiv arbeitet er in der "Familie Nord" mit einem Projekt, das der Caritasverband vor einem Jahr ins Leben gerufen hat. Ferdinand Barkaj ist nur einer von acht Bürgern, die die Bewohner des Nordens repräsentieren und als Ansprechpartner an Ort und Stelle für Behördengänge, Dolmetschen und andere Hilfen zur Verfügung stehen. Vor vielen Jahren bereits hatten sich die Initiatoren des Festes zusammengefunden. "WiN", Wir in Nord, nennt sich der Zusammenschluss aus Ausländerbeirat, Lokaler Agenda 21, Kirchengemeinden, Stadt Hofheim, Kreisjugendamt und Hofheimer Wohnungsbaugesellschaft. Zum elften Mal bereits laden sie zum internationalen Fest, außerdem einmal pro Jahr zu einem Spielnachmittag und zur Aktion "Alles was Räder hat", bei der ein Straßenzug einen Tag lang zugunsten der jüngsten Verkehrsteilnehmer gesperrt wird.
"Wir sind hier sicher kein sozialer Brennpunkt", erklärt Ulrike Lohre vom Kreisjugendamt. Dennoch gebe es - wie überall - Konflikte. Die versuche man durch Gemeinschaft stiftende Aktionen wie diese bereits im Vorfeld zu vermeiden.
Spannende Rallye
Ulrike Lohre selbst bietet auf dem Fest einen spannenden Rallyekurs an, auf dem sich Alteingesessene und Neubürger gleichermaßen testen können - ob sie etwa wissen, wann das Chinon-Center gebaut wurde, wie die Bundesländer heißen und was eigentlich ein Muezzin ist. Zudem kann man auf dem Formular loswerden, was einem im Wohngebiet zusagt oder auch nicht so gut gefällt. Denn nicht jeder hat sich so gut eingelebt wie Ferdinand Brakaj. Ahmed Özsoy (19) ist erst vor vier Jahren aus Ankara nach Deutschland gekommen. Von Lehrern und Mitschülern hätte er sich mehr Verständnis erwartet. "Es war nicht leicht." Inzwischen mache er per Fernschule ein türkisches Abitur. "Damit kann ich ja auch studieren." Aber auch er fühlt sich sichtlich wohl auf dem Fest und lässt sich von Henna-Expertin Salima ausgiebig beraten, ob sich die dunkle Farbe auch für seine Haare eignen könnte.